Ämter im Deutschen Orden. - Hospitalmeister


(Text/Film) Der Deutsche Orden unterhielt eine Vielzahl von Hospitälern (hospitale, domus hospitalis), die teils an Kommenden angeschlossen, teils selbständige Einrichtungen waren. Diese Spitäler dienten der Aufnahme von Armen, Pilgern und Kranken und standen unter der Aufsicht des Ordens, wurden aber häufig von weltlichen Kräften betrieben.

An der Spitze eines solchen Hospitals stand der Hospitalmeister – in den Quellen magister hospitalis, hospitalarius, rector hospitalis, provisor hospitalis oder custos hospitalis genannt.

1. Terminologie und institutionelle Stellung

Die Bezeichnungen für das Amt sind im 13. Jahrhundert uneinheitlich. Magister hospitalis oder hospitalarius finden sich sowohl für Ordensbrüder als auch für weltliche Leiter. Gemein ist ihnen die Funktion: Sie waren für die wirtschaftliche, rechtliche und organisatorische Leitung des Hospitals verantwortlich.

War das Hospital Teil einer Kommende, gehörte der Hospitalmeister gewöhnlich zum Orden und war dem Komtur unterstellt.
Lag das Hospital außerhalb einer Kommende oder hatte eigene Stifterrechte, konnte der Hospitalmeister ein weltlicher Kleriker oder Laienverwalter sein, der dem Orden lediglich rechenschaftspflichtig war.

2. Quellenlage und frühe Belege

Die ältesten Belege stammen aus der Frühzeit des Ordens. In Marburg, wo der Deutsche Orden seit 1228 das Hospital der heiligen Elisabeth verwaltete, erscheinen in Urkunden von 1232/33 die Bezeichnungen magister hospitalis, custos hospitalis, rectores und provisores hospitalis. Namentlich genannt werden Hermann und Albert, die als Hausvorsteher des Hospitals auftreten. Bei diesen Männern handelte es sich wahrscheinlich um Laienverwalter, die im Auftrag des Ordens tätig waren, während die geistliche Leitung in den Händen der Brüder blieb. Das Marburger Beispiel zeigt also ein Mischsystem: wirtschaftliche Führung durch weltliche Verwalter, geistliche Aufsicht durch den Orden.

3. Aufgaben und Verantwortungsbereiche

Die Aufgaben des Hospitalmeisters umfassten ein breites Spektrum administrativer, wirtschaftlicher und sozialer Verantwortung.

Wirtschaftliche Verwaltung der Stiftungsgüter

Ein Hospital erhielt bei seiner Gründung meist umfangreiche Güter und Einkünfte, die seine Existenz sichern sollten – Ackerland, Weinberge, Zinsen, Naturalabgaben oder Mühlen. Die Verwaltung dieser Besitzungen fiel dem Hospitalmeister zu. Er hatte dafür zu sorgen, dass die Erträge und Feldfrüchte eingezogen und deren Verkauf organisiert wurde. Diese Einnahmen bildeten die Grundlage für den Unterhalt des Hauses, die Bezahlung des Personals, den Erwerb von Lebensmitteln, Kleidung, Brennmaterial und medizinischen Vorräten.

Der Hospitalmeister stand somit im Mittelpunkt einer komplexen Wirtschaftsorganisation. Er musste verhandeln, Preise festlegen und Verträge abschließen. Auch Spenden und Vermächtnisse gehörten zu seinem Verantwortungsbereich, da sie zur Deckung der laufenden Kosten beitrugen.

Personal und Hausführung

Im täglichen Betrieb hatte der Hospitalmeister dafür zu sorgen, dass genügend Personal vorhanden war: Knechte und Mägde für Pflege, Küche, Sauberkeit und Ordnung. Er beaufsichtigte deren Arbeit, sorgte für Entlohnung und stellte bei Bedarf neue Dienstleute ein.

Zur Ausstattung des Hauses gehörten Bettzeug, Kleidung und Mobiliar, deren Zustand er regelmäßig zu prüfen hatte. Er musste für Ersatz sorgen, Handwerker beauftragen und für ausreichende Vorräte an Holz und Brennmaterial sorgen. Auch die Küche unterstand seiner Verantwortung – er bestellte Lebensmittel, überwachte den Brennstoffbedarf und kontrollierte die Kosten.

Diese Vielzahl an Aufgaben machte eine sorgfältige Wirtschaftsführung und Verhandlungsgeschick notwendig. Ohne die Fähigkeit, Einkünfte zu sichern und Spenden zu beschaffen, konnte ein Hospital kaum bestehen.

Geistliche und soziale Aufsicht

Neben den wirtschaftlichen Pflichten hatte der Hospitalmeister die geistliche Betreuung der Insassen zu gewährleisten. Er überwachte den Benefiziaten (Priester) und seine seelsorgliche Tätigkeit. Gab es keinen eigenen Geistlichen, musste er für Ersatz sorgen – etwa durch Beauftragung eines Priesters aus der Stadt. Auch diese Leistung war aus den Spitalseinkünften zu finanzieren.

Hinzu kamen weitere Kosten wie die ärztliche Versorgung und die Instandhaltung der Gebäude, ebenso die Sorge für Begräbnisse oder Gedächtnismessen Verstorbener.

Normative Grundlage

Nach den Statuten des Deutschen Ordens gehörte die Sorge für die Kranken zu den zentralen Pflichten. In Kapitel 18 heißt es:

> „Fratres hospitalarii infirmis fideliter et humiliter ministrent, nec quispiam secularis in hoc officio praeficiatur sine auctoritate magistri.“
(„Die Hospitalbrüder sollen den Kranken treu und demütig dienen, und kein Weltlicher soll in diesem Amt eingesetzt werden ohne Zustimmung des Meisters.“)

Das zeigt, dass das Ideal der brüderlichen Krankenpflege zwar verbindlich blieb, in der Praxis aber weltliche Helfer und Leiter unverzichtbar waren. Gerade in großen Häusern überstieg der alltägliche Arbeits- und Verwaltungsaufwand die Kräfte einer rein geistlichen Gemeinschaft.

4. Personengruppen im Amt

Die Quellen und Visitationsprotokolle des 13. und 14. Jahrhunderts nennen unterschiedliche Typen von Hospitalmeistern:

1. Ordensbrüder (fratres hospitalarii)
– in Hospitälern innerhalb einer Kommende (z. B. Marburg, Mergentheim). Sie handelten als Teil der Ordensverwaltung und unterstanden dem Komtur.

2. Weltliche Kleriker (clerici hospitalis)
– in Städten, wo der Orden ein Hospital besaß, aber keine Kommende. Sie wurden von der Ordensleitung oder dem Komtur eingesetzt und leiteten das Haus im Namen des Ordens, ohne selbst Ordensmitglied zu sein.
Beispiel: Königsberg um 1300, magister hospitalis civitatis Regemontanae, clericus secularis.

3. Laienverwalter (provisores hospitalis)
– Bürger oder bestellte Verwalter, die das wirtschaftliche Management führten.
Beispiel: Thorn (1310er Jahre), provisor hospitalis im Auftrag des Ordens.

5. Einsetzung und Aufsicht

Die Einsetzung der Hospitalmeister erfolgte durch die jeweils zuständige Ordensinstanz:

In Kommendenspitälern ernannte sie der Komtur mit Zustimmung des Kapitels. In selbständigen Hospitälern außerhalb der Kommenden geschah die Bestellung durch den Großspittler oder direkt durch die Ordensleitung.

Alle Hospitalmeister waren dem Orden rechenschaftspflichtig. Ihre Amtsführung wurde durch regelmäßige Visitationen überprüft, die Einnahmen, Ausgaben und Pflegezustand dokumentierten. Dabei wird in den Protokollen klar zwischen fratres und personae hospitalis unterschieden – ein Hinweis darauf, dass viele Spitalleiter keine Ordensbrüder waren.

6. Zusammenfassung

Das Amt des Hospitalmeisters im Deutschen Orden war ein vielschichtiges Leitungsamt im karitativen Bereich des Ordens. In Hospitälern innerhalb einer Kommende war der Hospitalmeister meist ein Ordensbruder unter dem Komtur. In Hospitälern ohne Kommende konnte er ein weltlicher Kleriker oder Laienverwalter sein.

Die Einsetzung erfolgte durch die Ordensinstanz, die das Hospital beaufsichtigte. Seine Aufgaben umfassten wirtschaftliche Leitung, Personalorganisation, Fürsorge für Kranke und Arme sowie geistliche Kontrolle.

Er verkörperte die Verbindung von religiöser Pflicht und wirtschaftlicher Verantwortung: ein geistlich legitimierter Verwaltungsbeamter, der die Nächstenliebe des Ordens in alltäglicher Praxis verwirklichte. Wie man sieht, war der Hospitalmeister vor allem ein Geschäftsführer, der den Laden am Laufen hielt.



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