Deutschordenspriester als Domherren in Preußen und Livland


In Preußen und Livland waren nicht die Bistümer, sondern deren Domkapitel dem Deutschen Orden inkorporiert. Dies hieß, dass nur Professpriester des Deutschen Ordens zu Domherren werden konnten.

Da die Domkapitel, wie überall, ein Selbstergänzungsrecht besaßen, konnte der Hochmeister nicht frei ernennen. Umgekehrt konnten die Kapitel aber auch nicht einfach auf die Deutschordenspriester zugreifen. Entsprechend schlug der Hochmeister den Kapiteln häufig einen Kandidaten vor, den sie dann erwählten. Umgekehrt dürfte es eher selten der Fall gewesen sein. Involviert war aber auch der jeweilige Bischof. So lehnte der Bischof von Kulm 1448 einen vom Hochmeister vorgeschlagenen Kandidaten ab.

Doch gab es keine feste Zahl von Kanonikern. Zwar sollten die Domkapitel zwölf Kanoniker zählen, doch war das faktisch nie der Fall. Der Grund lag auf der Hand. Es fehlte schlicht die wirtschaftliche Möglichkeit zum Lebensunterhalt. Drei bis sechs Kanoniker war zumeist die Realität.

Wie bereits festgestellt, bezogen die Kanoniker also ihren Unterhalt durch das Stift und sollten auch hier in einer 'Vita communis' leben. Ihre Hauptaufgabe bestand im Chorgebet an der Kathedrale. Immerhin etwa acht Stunden des Tages. Getragen wurde hierbei, wie auch sonst, der schwarze Talar und der Ordensmantel. Immerhin waren die Domherren ja Brüder des Deutschen Ordens.

Wie die Bischöfe, so war auch das Kapitel Landesherr in verschiedenen Landesgebieten. Eine Aufgabe, die gewöhnlich durch einen Vogt wahrgenommen wurde. Es blieb jedoch noch die Verwaltung der Guter, aus denen sie ihren direkten Lebensunterhalt bezogen. Es war ein Teufelskreis. Kleine Kanonikerzahl = Mangelhafte Güterverwaltung; schlechte Güterverwaltung = wenige Einnahmen = wenige Kanoniker. Der Grund lag vor allem darin, das dass Land erst noch erobert werden musste, es also kaum Einnahmen gab. Faktisch konnten sich die Kapitel erst mit der endgültigen Durchsetzung des Deutschen Ordens konsolidieren.

Man sollte jedoch nicht ihren geistlichen und seelsorglichen Wert unterschätzen. Hervorragende Persönlichkeiten, wie z. B. Johannes von Marienwerder, gehörten ihnen an. Auf den ersten Blick mag die Inkorporation der Domkapitel ein Machtinstrument gewesen zu sein. Tatsächlich war es aber auch ein Instrument der Mission und der Förderung des geistlichen Lebens und auch der Gelehrsamkeit. Das Argument 'Machtinstrument' kann schon daher nicht greifen, da die Ordensleitung hier viele (für sich selbst) wichtige Kräfte abgegeben hat.



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